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Theater

Hans Brüggemann

23.06.2017 | Seit Januar 2017 stand im Rahmen des Reformationsjubiläums das Theaterstück „Hans Brüggemann“ auf der Bühne. Zum Abschluss des Mundartfestivals „Wurzelwerk“ wurde das eindrückliche Stück noch einmal gezeigt, nicht im Theater im Friedrichsberg, sondern im Schleswiger Dom. Nun standen die Künstler in der Kirche, in der der zur Reformationszeit geschaffene Brüggemann-Altar seit 1666 sein Zuhause hat.

Von Karin Emersleben

Allerdings ist die Akustik im Dom eine schwierige Angelegenheit. Dieses Problem konnte aber durch Stühlerücken überlistet werden. Zwar ist das alte Plattdeutsch ohnehin schwer zu verstehen, aber dennoch wurde den Zuschauern ein eindrückliches Theaterstück geboten, das alle gefesselt hat. Zeitlich spielt das Stück zwischen dem Thesenanschlag Luthers, seiner Verteidigung auf dem Reichstag zu Worms und der Wartburgzeit, also zwischen 1517 und 1522. Die Zuschauer befinden sich buchstäblich in Brüggemanns Werkstatt in Bordesholm, wo Hans Brüggemann mit seinen beiden Gesellen Hans von Groningen und Peter Wahn die letzten Handgriffe an seinem größten Werk, dem Brüggemann-Altar vollbringen soll, den Ritter Pogwisch für Bordesholm in Auftrag gegeben hatte. Doch die Situation ist nicht konfliktfrei. Die Vertreter der katholischen Kirche sind entsetzt über die menschliche, leidvolle Darstellung der Passion Christi im Altar und sie vermissen die üblichen erhebenden Heiligendarstellungen.

Hinzukommt, dass die abgebildet Personen aussehen wie ganz normale Menschen ihrer Zeit. Das darf nicht sein! Ein innerer Konflikt tobt dabei in Brüggemann selbst. Er ist getrieben von der Suche nach Wahrhaftigkeit, Perfektion und künstlerischen Anspruch. Unterstützung findet Brüggemann in seiner Geliebten und Muse, Düweke Engel. Als Brüggemann beschließt, dass Düweke das Vorbild seiner „Eva“ im Altar werden soll, spitzen sich die Konflikte, innere und äußere, dramatisch zu. Düweke, von der katholischen Seite als fleischgewordene Ursache von Brüggemanns Verfehlungen angesehen, soll Brüggemann zurück zum alten, katholischen Glauben bringen, da sonst seine Verurteilung als Ketzer bevorstehe. Mit angeblich vom Papst in Rom geweihtem Wasser soll Düweke Brüggemann „die Augen öffnen“.

Gefangen in Angst und Scham geht sie auf die Forderung ein und träufelt Brüggemann die Tropfen nachts in die Augen - nicht ahnend, dass es sich um ein teuflisches Gift handelt. Brüggemann erblindet und kann weder sein Werk vollenden noch ins inzwischen reformatorische Husum gehen, wohin er gerufen wurde, um dort im reformatorischen Sinne weiter zu arbeiten. Besonders tragisch: die Anklage zur Ketzerei wurde nie erhoben, denn der Ritter Pogwisch hielt immer seine Hand über Brüggemann. Dass dieses Stück bis zum Schluss fesselte und betroffene Zuschauer zurückließ, ist das Verdienst einer großartig agierenden Schauspielertruppe, die hingebungsvoll und kompromisslos die Konflikte spielte und auslebte.